Anachronismen ; Anachronisms ; Anachronismes

Publication (articles de ce numéro) en trois langues : allemand, anglais, français. ; Anachronismus ist nicht selten der erste Hinweis auf eine historische Fälschung: Er weist auf eine teils bewusste, teils unbewusste Umschreibung hin, die jedoch immer von der Projektion der Gegenwart in die Vergangenheit zeugt, der sich offensichtlich kein Historiker, auch nicht der gewissenhafteste, vollkommen entziehen kann. Da der Anachronismus uns hilft, uns mit der Vergangenheit zu identifizieren und sie dadurch besser zu verstehen, ist er jedoch nicht nur eine Abweichung, sondern vielmehr ein besonderer Zugang zur Geschichte. In diesem Sinne lädt er den Historiker zu epistemologischen Überlegungen ein. Indem man diese Form des Neu-Schreibens hinterfragt, kann man die Dialoge der Literatur oder der visuellen Künste mit der Geschichte analysieren. Der Anachronismus ermöglicht es, die Konzepte der Fiktion und der historischen Realität zu hinterfragen und den Reichtum ihrer Überschneidungen zu erforschen. In diesem Zusammenhang soll das kreative Potenzial des Anachronismus anhand der Aneignung der Vergangenheit in der visuellen Kunst und der Literatur untersucht werden. Egal ob der Anachronismus absichtlich oder unbewusst ist: er ist in erster Linie eine Weltanschauung, die als solche untersucht werden sollte. So soll auch die politische Brisanz des Anachronismus untersucht werden. Anachronismus kann als ein Widerstandsmechanismus gelesen werden, als das Fortbestehen einer Zeit, die sich weigert, zu vergehen, und die uns ebenso prägt, wie wir sie neu prägen. Indem er die historische Tatsache instrumentalisiert, kann der Anachronismus versuchen, zur historischen Konstruktion beizutragen oder einen herrschenden Diskurs zu festigen. Umgekehrt kann der Anachronismus die Zensur umgehen und aufschlussreiche Analogien und eine unterschwellige Kritik ermöglichen, deren Bedeutung sich gerade in der Diskrepanz zwischen der historischen Wahrheit und ihren Neuerfindungen entwickelt. ; Anachronisms. Anachronism often betrays, first, ...